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Bay DVI: Wie alles begann....

Anlässlich eines Tages der offenen Tür im Sommer 1991 bei BMW in München hatte mein Freund Ernst seinen fast fertiggestellten „Glaskasten“ in Spur 7 als Exponat für die Ausstellung „Hobby der Mitarbeiter“ zur Verfügung gestellt und meine Kollegen vom BMW Modellbahnclub ihre HO Modulanlage ausgestellt. Bis dahin hatte noch keiner gewusst, dass er an einer Dampflok für Spur 7 gebaut hatte. Alle waren begeistert und es zeigte sich, dass auch einige der Kollegen den Traum hatten, auch eine solche Dampflok zu bauen. Wir diskutierten ausgiebig! Ergebnis unserer Diskussion war:

 

Eine kleine Regelspurmaschine im Maßstab 1:8 sollte es sein, wobei ein bayerisches Vorbild von den Meisten favorisiert wurde. Möglichst im Kofferraum eines Autos zu transportieren und nicht allzu schwer. Die Wahl fiel dann ziemlich einstimmig auf die bay. D IV „BERG“ und deren Schwestermodelle mit seitlichen Wasserkästen nach dem Bauplan von Hans Wittmann, dem leider schon verstorbenen bekannten deutschen Dampfbahn-Pionier. Heute würde man sagen: Die sieht so richtig knuffig aus!

 

Hier als Beispiel eine Planseite des Originalplans von Hans Wittmann. Der Plansatz besteht aus insgesamt 22 Blättern, die alle so eng beschrieben sind wie diese Seite 19. Hans Wittmann war der erste in Deutschland, der solche Pläne gezeichnet hat, seine Pläne sind noch heute verfügbar auf den Seiten der "Gartenbahn-Werkstatt" https://www.gartenbahn-werkstatt.de/bauplaene/hans-f-wittmann/

 

Die Schar der Bauwilligen wurde in den nächsten Wochen durch Freunde im Umfeld (z.B. anlässlich einer Sonderfahrt nach Meinigen im VT08 am 3. Oktober 1991) immer größer und so trafen wir uns am 15. Januar 1992 zu elft zu einem ersten Treffen.

 

Bis dahin war eigentlich alles reine Absichtserklärung. Bei so einer Diskussion kommen berechtigterweise natürlich auch Einwände; wer hat überhaupt eine Werkstatt? Vier ganz gut ausgerüstete Lokalitäten und zwei weitere für kleinere Arbeiten standen zur Verfügung. Immerhin! Der Rest der „BERGbauer“ könnte sich ja mit den Freunden treffen und deren Werkstätten mitarbeiten. Damals wohnte die große Mehrheit auf relativ engen Raum im Umkreis von 50km zusammen. Nur die Hälfte der Leute hatte Kenntnisse in der Metallverarbeitung, also wäre es eh ganz gut, wenn die anderen, bei den alten Hasen in die „Lehre“ gehen würden! Inzwischen haben es einige in 32 jähriger Lehrzeit zum „Alt-Lehrling“ gebracht und so was wie Berichtsheft wurde teilweise auch noch geführt!

Aber da wäre ja auch noch der Zeitfaktor: Wie gesagt, noch niemand hatte bis dahin eine Lok fertiggestellt. Auf meine Frage: Wieviel Zeit können und wollen die einzelnen Mitglieder aufbringen, war die Antwort: 3-4 Wochenstunden. Auf die Feststellung, dass der Bau der Lok dann über 20 Jahre dauern würde, reagierten einige mit ungläubigem Erstaunen. Aus heutiger Sicht war diese pessimistische Aussage immer noch zu optimistisch!!! Trotzdem wurde der Bau für insgesamt 13 Lokomotiven beschlossen (Ein Mitglied wollte gleich zwei Stück bauen). Wir legten auch dann gleich fest, welche Versionen gebaut werden sollen. Es wurden dann zehn bayrische Staatsbahnloks in grün-schwarz und drei Reichsbahnloks in schwarz-rot notiert. Angesichts der knapp bemessenen Arbeitsstunden sollten zeitintensive Arbeiten in Fremdfertigung durchgeführt werden. Für Rahmen und Umlaufbleche, sowie Querverbinder erstellte ich ein DXF-File und relativ rasch hatten wir die ersten Teile in der Hand. Woher nehmen wir die wichtigsten Gussteile? Wir erkannten schnell dass der „Markt“ vor 30 Jahren sowohl für Spur7 als auch für solche Stückzahlen nicht ausgelegt war, außerdem wollten wir Kosten sparen.

Die Quintessenz: Gussmodelle für Räder, Zylinder, Schieberkästen, Rauchkammersattel und so weiter selber bauen und gießen lassen. Die Modelle entstanden dann aus Holz, Metall und Kunststoff.

 

 

Die Gießerei, die wir beauftragten, befand sich in Zlin (Slowakei). Mehrere Fahrten folgten – 900 km hin, 900 km zurück bis wir unsere Teile in Händen hatten. Es entstanden unter anderem die Räder in Stahlguss in hervorragender Qualität. Wir hatten nun genügend Material, das wir an die eigenen Werkstätten verteilten. Relativ „rasch“, nach einem Jahr, hatten wir 13 rollfähige Untergestelle auf die Räder gestellt und am letzten (!) Betriebstag der Ersatzteil-KTL Lackieranlage im BMW Werk München schwarz grundieren lassen. Der Kataphorese-Lack ist die erste Beschichtung, die eine Rohkarosse oder auch - wie in diesem Fall - Ersatzteile zur Rostvorsorge erhält. Besser geht's nicht!

 

 

Zwischenzeitlich hatte sich eine Rollenteilung ergeben – wer macht was? Trotzdem mussten wir erkennen, dass die Projektfortschritte doch etwas langsamer voran gingen als wir das in der Firma gewohnt waren.

Eines unserer Mitglieder verabschiedete zwischendrin etwas unfein, sozusagen Hals-über-Kopf, das hieß dann, wir blieben auf etlichen Kosten sitzen und so blieb uns nichts anderes übrig, als seine Maschine einzubehalten. Diese Lok haben wir bis vor 9 Jahren ohne Besitzer weiter gebaut und dann als Teilesatz verkauft, um die Herstellkosten zu minimieren. Mitglieder waren wir da nur noch 12.

Langsam akzeptierten die meisten Mitbauer: Es werden doch einige Jahre zum „Andampfen“ ins Land ziehen. Nun folgte auch der nächste Absprung: Einer nahm seine beiden Maschinen aus dem Projekt und ein weiterer Kollege in seiner Nähe seine ebenfalls und verscherbelte sie. Zumindest eine dieser im damaligen Bauzustand „ausgeschiedenen“ Maschinen fährt heute fertig gebaut auf der Anlage in Peißenberg. Jetzt waren es noch 10.

Kurz darauf passierte etwas sehr Trauriges: Unser humorvoller, allseits geschätzter Hans-Jürgen starb nach kurzem schweren Leiden. Eine Zeitlang bauten wir seine Maschine einfach weiter; es ging gar nicht anders. Schweren Herzens entschieden wir uns nach einiger Zeit, seine Maschine zu verkaufen. Da waren es nur noch 9. Das folgende Bild zeigt ihn bei der Decklackierung der Rahmen.

 

 

Bei so einem Projekt über solange Zeit kommt natürlich einiges dazwischen; Häuser bauen, Umzug, Kinder, berufsbedingte Aufenthalte im Ausland und vieles mehr. Sowas führte meistens auch zum Stillstand einer Werkstatt für Monate oder auch mal für ein Jahr.

Wir mussten im Laufe der Jahre auch die Erfahrung machen, dass sich mit dem Dreisatz zwar einfachere Arbeiten wie das Bohren von Nietlöchern für 13 Fahrgestelle, das Nieten etc. planen lassen, nicht aber für die Feinarbeiten und Anpassungen bei der Montage und Einstellung eines Triebwerks oder anderen Arbeiten wie dem Biegen von Rohren etc. Außerdem benötigt man für 10 Loks ja auch 10, 20, 40 oder auch mal 80 gleiche Teile. Trotzdem bauten wir wieder verstärkt an den Loks und waren zuversichtlich, dass wir bald zu einem guten Ende kommen. Besonders deshalb, weil die Kessel unserer Maschinen jetzt fast alle fertig waren.

Eine unserer Loks war auch schon mal 2007 Ausstellungsstück auf dem DBC-Stand in Karlsruhe:

 

 

In der Zwischenzeit ging der Bau weiter, meine eigene Lok habe wir zum Sammeln von Erfahrung und zum Einfließen von sinnvollen Verbesserungen weiter gebaut als die anderen. Ich brauchte ja auch nur nach nebenan gehen, um daran weiterzubauen. Die Teile für alle Loks sind ja vorhanden, aber das Problem ist der Lagerplatz! Sobald man Teile wie den Umsteuerhebel oder Rauchkammerträger mit Rauchkammer auf die Rahmen baut, lassen sich die Lokrahmen nicht mehr stapeln. So viel Platz hatte keiner von uns. Wir hatten daher beschlossen, erst mal eine Lok fahrfertig zu machen und dann nach und nach die anderen fertigzustellen, damit wir ein bisschen Motivation tanken können.

Routiniert ging der Bau weiter, bis Corona kam. Da seit Frühjahr 2020 keine Treffen mehr möglich waren und einige unserer Mitstreiter auch bereits die 70 überschritten hatten, was das Risiko zu groß, dass sich einer ansteckt. Durch meine damals beginnenden Spur0 Aktivitäten habe ich auch an meiner eigenen Lok nicht mehr sehr viel weitergebaut und so kamen die Arbeiten bis heute zum Erliegen.

Zusätzlich hat das Schicksal wieder zugeschlagen: Ein weiterer unserer Mitbauer ist 2022 verstorben. Wie es an dieser Stelle weitergeht, müssen wir erst mal sehen. Dann musste ich im Frühjahr 2022 Vaters Werkstatt räumen und meine eigene Werkstatt erweitern, um alles unterzubringen. Das hat bis Ende 2022 gedauert, wir konnten also auch bei mir in der Werkstatt nicht weitermachen. Außerdem haben wir durch diese beiden Ereignisse wieder zwei Werkstätten verloren. Demnächst treffen wir uns aber wieder zum nächsten „Startmeeting“ um den aktuellen Stand der Arbeiten, die weiteren Schritte zu besprechen und die Arbeiten wieder aufzunehmen. Hier noch ein Bild des aktuellen Stands meiner Lokomotive:

 

 

Viele solcher Projekte wird es ja nicht geben, bei der die Beteiligten über einen so langen Zeitraum zusammen geblieben sind. Jetzt müssen die Loks aber endlich fertig werden und ich werde hier auf meiner Homepage wieder aktuell davon berichten!

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Kommentare: 2
  • #1

    Bernhard (Montag, 01 Mai 2023 19:55)

    Hallo Robert danke für die schönen Aufnahmen und deren Berichte die du ausführlich hier beschrieben hast ,ich bin noch dabei auf alle Fälle, ein tolles Hobby auch wenn's mal länger dauert das Endergebnis ist das wichtigste und Geduld ,und Freude
    liebe Grüße dein Eisenbahn Freund Bernhard K

  • #2

    Ernst Pittenauer (Donnerstag, 01 Februar 2024 13:08)

    Zu bay D VI: eine wunderschöne Dokumentation; eingebettet in einer sehr guten Web/Site mit vielen weiteren interessanten Beiträgen.
    Liebe Grüße von Deinem Freund Ernst